12 Feb. Problematisches Verhalten unter dem Deckmantel von Vereinleben
Am 14.02.25 findet in der Schweiz eine Paneldiskussion zum Thema Polyamorie statt, welche von bunt_lieben initiiert wird, einem Verein von dem wir uns klar distanzieren. Dies, weil die Handlungen von Einzelpersonen innerhalb dieser Organisation uns immer wieder hellhörig werden lassen: sowohl auf interpersoneller, wie auch auf struktureller Ebene.
Die Hellhörigkeit basiert auf unserer jahrelangen Erfahrung im Umgang mit Organisationen und Individuen in unserem Tätigkeitsfeld, auf eigenen Erlebnissen und auf dem Austausch mit unterschiedlichen Menschen, die Ihre Bedenken an unser herangetragen haben. Uns ist außerordentlich wichtig, uns klar und explizit von Menschen und Organisationen zu distanzieren, bei denen wir vermuten, dass Manipulation, toxische Muster und andere Formen von Missbrauch, wie z.B psychische Gewalt angewendet werden.
Formen von Grenzüberschreitungen und Machtausübung können überall stattfinden, auch in queeren, feministischen und sexpositiven Communities. Unsere Definitionen und unser Verständnis von diesen Begriffen findest du auf unserer Page Missbrauch: Definition, Abläufe und Handlungsmöglichkeiten.
Dieser Post soll keine detaillierte Berichterstattung sein, auch kein Appell direkt an eine spezifische Organisation. Stattdessen ist es ein Versuch, Menschen zu ermutigen, auf ihre Intuition zu hören und in komplexe Gespräche zu gehen. So können wir gemeinsam eruieren, wie wir unsere Communities besser vor toxischem Verhalten und Missbrauch schützen können. Subkulturen sind Organismen, welche durch viel Wohlwollen, Solidarität, Care Arbeit, konkreter Unterstützung, generieren und Weitergeben von Wissen usw. entstanden sind. Diese Organismen sind schützenswert und adaptiv.
Welche Menschen brauchen gerade Support und können wir mit einem vollem Herzen unterstützen?
Welche Menschen schenken ihre Zeit, Energie und physische Unterstützung?
Wo wird instrumentalisiert oder konsumiert?
Wo werden Privilegien ungeachtet ausgeschöpft?
Wieso mischt ihr euch da ein?
Wir sind in der Position, eine gewisse Reichweite zu haben und als Einzelpersonen und selbstverwaltete Organisation wollen wir Missstände Ansprechen. Unsere Erfahrung hat uns gezeigt, dass es das mutige Ansprechen braucht, um Dinge in Bewegung zu bringen, und dass wir durch unsere Privilegien und Erfahrungen und unser Wissen auch in der Position sind, diesen Schritt zu wagen, auch wenn wir keine Kontrolle darüber haben, wie andere basierend auf diesen Worten handeln.
Wieso redet ihr nicht direkt mit den betroffenen Personen darüber?
Grundsätzlich ist es so, dass es gefährlich sein kann mit toxischen Personen direkt in ein Gespräch zu gehen. Es kann (re-)traumatisierend , zeitraubend und kontraproduktiv sein. Wir haben die Ressourcen nicht, um komplexe und eingebettete Machtdynamik zu ändern. In toxischen Umfeldern ist Grenzen setzen, weglaufen, oder bewusstes Distanzieren oft die einzige Lösung. Der Appell an das allgemeine Wohlwollen und die Annahme, dass alles sicher gut gemeint sei, kann von toxischen Menschen gezielt als Manipulationsinstrument eingesetzt werden. Wer sich nicht darauf einlässt, wird dafür kritisiert. Es braucht viel Selbstbewusstsein, um hier gegen den Druck einzustehen, doch noch alles mit der toxischen Person selbst zu regeln.
Im Grossen und Ganzen wird bei dieser Organisation doch Gutes gemacht, mit vielen tollen Menschen?
Es ist keine leichte Entscheidung, diesen Post zu schreiben, und wir wissen auch, dass viele tolle Menschen dort mitwirken. Das ist auch genau das, was es unserer Meinung nach so gefährlich macht. Wir wollen es ansprechen, weil wir an die Resilienz dieser Gruppen glauben und das viele Positive sehen. Gesunde Gesprächskulturen mögen unserer Meinung nach solche kritischen Texte tragen.
Was wollt ihr?
Wir wünschen uns von Herzen, Räume zu sehen, wo der Selbstwert von Menschen gestärkt wird, Ressourcen und Unterstützung grosszügig miteinander geteilt werden, wo die Autonomie und der Wert von allen Menschen respektiert werden und sich alle frei fühlen, sich so auszudrücken, wie es für sie passt. Dafür muss aber genau hingeschaut werden. „Leben und Leben lassen“ funktioniert nur in einem ernsthaftig gleichberechtigem System, sonst kann eine Dysbalance passieren, wo missbräuchlich und privilegierte Menschen dominieren
Wir hoffen, dass sich die Räume von verschiedenen Subkulturen so generativ und nachhaltig wie möglich gestalten können. Und für das brauchen wir möglichst viele warme, liebevolle und wohlwollende Menschen um uns, die uns den Raum schenken wollen, den wir zum Gedeihen brauchen. Und um das zu ermöglichen, braucht es manchmal auch klare, bestimmte Neins zu den Dingen, die dem eigenen Wohl nicht dienen und uns auslaugen. Wenn wir so viele Menschen wie möglich ermächtigen können, für sich und nur für sich zu sprechen, können wir in der Gemeinschaft herausfinden, was es zum Schützen unserer Räume braucht.
Warnzeichen, die wir in diesem spezifischen Fall aufzeigen wollen:
- Zeitdruck, stetige Dringlichkeit: Du wirst unter Druck gesetzt, unbezahlte Arbeit zu leisten, schnell auf Mails zu antworten, du wirst in Projekte und Gespräche eingebunden, wo du selbst gar nichts beitragen willst.
- Es wird ein gemeinnütziger Verein angepriesen, gleichzeitig scheint eine spezifische Person das Sagen zu haben und wiederholtes Feedback, um diese Strukturen zu ändern (von uns aber auch von diveres andernen Menschne) trifft auf taube Ohren. Die Begründung ist, dass diese Person das Ganze fast alleine aufgegleist hat. Hier sehen wir verwirrende Inkongruenz.
- Wenn für die Organisation gesprochen wird, haben gewisse Stimmen/Akteurinnen mehr Gewicht, als andere, was da die Haltung ist.
- Ideologisches Gaslighting: deine Handlungen werden auf der ideologischen Ebene kritisiert, anstatt dass die kritisierende Person für die eigene Bedürfnisse und Grenzen einsteht (alles für das grössere Ganze – schlechtes Gewissen machen)
- Verschwommene Grenzen: wer macht was und wieso? Es wird für marginalisierte Menschen gesprochen, in grossem Mass, egal ob diese Leute diese Repräsentation wollen oder nicht.
- Die Frage, wer von der Organisation profitiert und wer letztlich den höchsten Status (z. B. durch Geld, Aufmerksamkeit oder Wissensressourcen) erlangt, wird mit dem moralischen Ziel (zB. Aufklärung oder politischer Aktivismus) verglichen. Dabei werden die dahinterliegenden Abwägungen verschleiert.
- Unklare Machthierarchien: eine Organisation behauptet, eine gewisse Struktur zu haben, in der Realität sieht dies anders aus. Durch das Miteinbeziehen von Partnerpersonen, Freunde usw. verschwimmt die Grenze noch mehr.
- Destabilisierende Triangulation: Es werden immer wieder Drittpersonen genutzt, um ein, von der dominant steuernden Person das Narrativ weiter zu untermauern.
- Taten widersprechen Worten: Oft wird ein zentraler moralisches Grundwert zwar verbal angesprochen oder betont, in den Taten wird aber oft genau das Gegenteil getan, was zu Verwirrung führen kann (Beispiele: zu sagen, Transparenz sei ultra wichtig, und dann trotzdem intransparent zu sein – so wirkt ein Vorwurf von Intransparenz absurd, denn es kann auf die mehrfache hervorgehobene Transparenz verwiesen werden.
Falls dieser Post etwas in dir ausgelöst hat und du willst mit uns darüber connecten, kannst du uns gerne schreiben asktheunicorn@zwischenwelten.ch. Nach Möglichkeit sind wir auch bereit, betroffe Menschen miteinander zu verbinden. Grundsätzlich empfehlen wir dir, mit vertrauten Privatpersonen oder Professionals zu sprechen. Mehr Ressourcen dazu auf unserer Page Missbrauch: Definition, Abläufe und Handlungsmöglichkeiten.
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